Bommschorno! Wie der fleißige Leser meines Blogs ja
sicherlich weiß, blogge ich pro besuchtem Ort einmal über das, was ich dort
jeweils erlebt habe. Für Phnom Penh, der Hauptstadt Kambodschas werde ich diese
„Tradition“ allerdings brechen und zwei Beiträge verfassen – aus Respekt all
denen gegenüber, die vor nicht einmal 40 Jahren ihr Leben ließen in der
schlimmsten Schreckensherrschaft seit dem dritten Reich. Da ich zumindest vor
der Recherche nach meinen Reisezielen überhaupt keinen blassen Schimmer davon
hatte, was zwischen 1975-1979 in Kambodscha passiert ist und ich mir vorstellen
kann, dass ich damit wohl nicht alleine bin, werde ich nun ein klein wenig Aufklärungsarbeit
leisten. Für alle, die sich mehr dafür interessieren, stehen im World Wide Web
diverse weitere Infos zur Verfügung.
Wo fange ich denn am besten an? An unserem ersten Tag in
Phnom Penh haben wir drei uns ein TukTuk gemietet, um zum einen das
Genozidmuseum, und zum anderen die so genannten Killing Fields anzuschauen.
Worum handelt es sich dabei? Ab dem 17.April 1975 stürzten die so genannten
Roten Khmer unter ihrem Schreckensanführer Pol Pot die bisherig bekannte
Ordnung Kambodschas und vertrieben innerhalb von drei Tagen alle Menschen aus
den Städten, um sie auf dem Land zu Zwangsarbeit zu zwingen. Aus Phnom Penh
beispielsweise wurde von einer Stadt mit zwei Millionen Einwohnern binnen
kürzester Zeit eine Geisterstadt. Das Ziel Pol Pots war die Errichtung eines
eigenständigen Bauernstaates ohne jeglichem Zugang zu Bildung. Hierfür stellte
er sich eine Art Heer aus den ärmlichen Regionen Kambodschas zusammen, denen er
diverse Lügen („Menschen aus den Städten sind böse Menschen“) so schmackhaft machen
konnte, sodass ebendiese einen riesigen Hass auf die Stadtbevölkerung hegten. Pol
Pot, der sich anders als z.B. Hitler stets im Hintergrund aufhielt, war außerdem der festen Überzeugung, dass
sämtliche intellektuellen Menschen seinem Vorhaben schaden würden und begann
daraufhin diese systematisch umbringen zu lassen. Dabei galt bereits der als verdächtig,
der eine Brille trug, der weiche Hände hatte etc. – außerdem wurden diverse
Menschen aus dem eigenen Lager verdächtigt, nicht im Sinne des neuen Staates zu
arbeiten. Was mit diesen Menschen passierte, könnt ihr euch wohl auch denken.
Insgesamt kamen zwischen 1975 und 1975 über zwei Millionen Menschen zum Tode,
bei einer ursprünglichen Bevölkerung von ca. 6 Millionen. Es gab wohl nicht
einen einzigen Menschen, der in dieser Zeit nicht mindestens ein
Familienmitglied verloren hat.
Als erstes besichtigten wir drei das Genozidmuseum. Die
Roten Khmer haben aus einer alten Schule ein Foltergefängnis eingerichtet, um
dort ebenjene einzusperren, die man verdächtigte gegen den neuen Staat zu
arbeiten. Hier wurden die schlimmsten Foltermethoden eingesetzt, sodass nicht
ein einziger Insasse standhaft blieben konnte. Mal dauerte es nur wenige Tage,
bis man aus Angst oder vor Schmerzen freiwillig Lügen erzählte in der Hoffnung
der Horror habe ein Ende. Viele mussten sogar ihre Familie, Freunde und
Arbeitskollegen beschuldigen, die anschließend ebenfalls festgenommen wurden.
Das ist schon sehr hart in diesem Museum, das S-21 genannt wird, zu stehen, die
alten Foltergeräte, die winzigen Kammern und das viele Blut an den Wänden,
Türen etc. zu sehen. Seht selbst auf den Bildern, ich hoffe es kommt ein wenig
rüber, wie schrecklich dieser Ort ist.
|
die damaligen regeln |
|
alle opfer wurden fotografiert und geordnet |
|
man erkennt die angst in den augen |
|
eines der vielen folterbetten |
|
gesichterlose anführer |
|
einer der zellenräume |
|
ein weiterer, diesmal aus holz |
|
die letzten 14 verstorbenen vor dem übergriff der vietnamesen |
Nachdem die vielen Insassen des Gefängnissen ihre Taten „gestanden“,
wurden sie nachts in einem Truck in Richtung der Killing Fields transportiert. Im
ganzen Land gibt es über 300 dieser Killing Fields, überall im Land werden in
der Regenzeit die vielen Knochen aus den Massengräbern freigespült. Vielen
versprach man ein neues Zuhause, der Großteil klammerte sich den Tod vor Augen
wohl an den letzten Strohhalm, den das Leben noch zu bieten hatte. Doch statt
eines neuen Zuhauses fanden sie 15km südwestlich von Phnom Penh nur ihren
qualvollen Tod. Viele wurden direkt ermordet, andere mussten noch die Schreie
der anderen ertragen, die von lauter Propagandamusik übertönt wurde. Doch da
Pistolen o.ä. viel zu teuer waren, mussten die einfachsten Waffen eingesetzt
werden. Manchen wurde die Kehle mit einem Stück einer Palme aufgeschnitten,
andere hatten es mit Hämmern, stumpfen Messern, Steinen usw. zu tun. Am
schrecklichsten ist aber, was mit den Kindern und jungen Frauen passierte.
Nachdem diese vergewaltigt wurden, wurden sie so lange mit dem Kopf an einen
Baum, dem sogenannten Killing Tree, geschlagen, bis sie starben. Noch heute
werden bei Untersuchungen Reste von Gehirn am Baum gefunden. Der Besuch der
Killing Fields hat etwas sehr Bedrückendes, der Audioguide, den man für 6 USD
erhält, kann sehr gut wiedergeben, was vor nicht allzu langer Zeit an Ort und
Stelle passiert ist. Überall auf dem Gelände findet man noch Kleiderfetzen auf
dem Boden, wenn man genauer hinschaut. Auch einzelne Knochen und ausgeschlagene
Zähne sind keine Seltenheit. 1988 wurde eine Gedenkstupa errichtet, in der alle
bis dahin gefundenen Skelette der Toten als Mahnmal gelagert und die Seelen der
Toten ihre ewige Ruhe finden sollten. Ein Grundsatz der Roten Khmer war
folgender: „Lieber einen Unschuldigen umbringen lassen, als einen Schuldigen
laufen zu lassen.“ Auch von den Killing Fields ein paar Bilder:
|
die oben angesprochene gedenkstupa |
|
die vielen schädel in der stupa |
|
kleiderfetzen wie dieser säumen den weg |
|
eines der vielen massengräber |
|
das traurigste highlight: der killing tree |
Im Januar1979 wurde die Schreckensherrschaft dank der Hilfe
des wiedervereinigten Vietnam zerstört. Doch da sämtliche großen Nationen (USA,
Großbritannien, Frankreich, Deutschland etc) gegen diesen Einmarsch
protestierten, galten die Roten Khmer noch bis in die 90er als Regierung
Kambodschas. Sie erhielten sogar einen permantenten Sitz in der UN. Wie krank
ist das denn? Absolut peinlich, dass keine dieser Nationen die Augen geöffnet
hat und einzig wegen des Vietnam-Konflikts zugelassen hat, dass sich die Roten
Khmer im Untergrund weiterhin formieren konnten. Bis 1995 existierte diese
schreckliche Bewegung noch, Pol Pot erhielt beispielsweise erst im Jahre 1997
seine Bestrafung, Hausarrest. Unfassbar, dass solch ein Mensch in seinem
eigenen Bett friedlich sterben (1998) und sogar mit seinen Enkeln Zeit
verbringen darf. Ein paar weitere hochrangige Mitglieder der Roten Khmer sind
auch heute noch am Leben und sitzen mittlerweile in Gefängnissen. Ich hoffe
sehr, dass so etwas in Kambodscha – und natürlich auch sonst nirgendwo –
niemals mehr passieren wird. Die Kambodschaner sehe ich jetzt jedenfalls mit
ganz anderen Augen. Dass sie Fremden gegenüber weiterhin so freundlich und
offen gegenüber sind, ist schon unglaublich ob der nahen Vergangenheit. Mögen
alle, die aufgrund der Roten Khmer ihre Leben ließen, in Frieden ruhen!
Der zweiten Blogeintrag zu Phnom Penh kommt schon in den
nächsten Stunden. Bis gleich, Klakas!
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen