Mittwoch, 12. März 2014

Die traurige Vergangenheit Kambodschas


Bommschorno! Wie der fleißige Leser meines Blogs ja sicherlich weiß, blogge ich pro besuchtem Ort einmal über das, was ich dort jeweils erlebt habe. Für Phnom Penh, der Hauptstadt Kambodschas werde ich diese „Tradition“ allerdings brechen und zwei Beiträge verfassen – aus Respekt all denen gegenüber, die vor nicht einmal 40 Jahren ihr Leben ließen in der schlimmsten Schreckensherrschaft seit dem dritten Reich. Da ich zumindest vor der Recherche nach meinen Reisezielen überhaupt keinen blassen Schimmer davon hatte, was zwischen 1975-1979 in Kambodscha passiert ist und ich mir vorstellen kann, dass ich damit wohl nicht alleine bin, werde ich nun ein klein wenig Aufklärungsarbeit leisten. Für alle, die sich mehr dafür interessieren, stehen im World Wide Web diverse weitere Infos zur Verfügung.

Wo fange ich denn am besten an? An unserem ersten Tag in Phnom Penh haben wir drei uns ein TukTuk gemietet, um zum einen das Genozidmuseum, und zum anderen die so genannten Killing Fields anzuschauen. Worum handelt es sich dabei? Ab dem 17.April 1975 stürzten die so genannten Roten Khmer unter ihrem Schreckensanführer Pol Pot die bisherig bekannte Ordnung Kambodschas und vertrieben innerhalb von drei Tagen alle Menschen aus den Städten, um sie auf dem Land zu Zwangsarbeit zu zwingen. Aus Phnom Penh beispielsweise wurde von einer Stadt mit zwei Millionen Einwohnern binnen kürzester Zeit eine Geisterstadt. Das Ziel Pol Pots war die Errichtung eines eigenständigen Bauernstaates ohne jeglichem Zugang zu Bildung. Hierfür stellte er sich eine Art Heer aus den ärmlichen Regionen Kambodschas zusammen, denen er diverse Lügen („Menschen aus den Städten sind böse Menschen“) so schmackhaft machen konnte, sodass ebendiese einen riesigen Hass auf die Stadtbevölkerung hegten. Pol Pot, der sich anders als z.B. Hitler stets im Hintergrund aufhielt, war  außerdem der festen Überzeugung, dass sämtliche intellektuellen Menschen seinem Vorhaben schaden würden und begann daraufhin diese systematisch umbringen zu lassen. Dabei galt bereits der als verdächtig, der eine Brille trug, der weiche Hände hatte etc. – außerdem wurden diverse Menschen aus dem eigenen Lager verdächtigt, nicht im Sinne des neuen Staates zu arbeiten. Was mit diesen Menschen passierte, könnt ihr euch wohl auch denken. Insgesamt kamen zwischen 1975 und 1975 über zwei Millionen Menschen zum Tode, bei einer ursprünglichen Bevölkerung von ca. 6 Millionen. Es gab wohl nicht einen einzigen Menschen, der in dieser Zeit nicht mindestens ein Familienmitglied verloren hat.

Als erstes besichtigten wir drei das Genozidmuseum. Die Roten Khmer haben aus einer alten Schule ein Foltergefängnis eingerichtet, um dort ebenjene einzusperren, die man verdächtigte gegen den neuen Staat zu arbeiten. Hier wurden die schlimmsten Foltermethoden eingesetzt, sodass nicht ein einziger Insasse standhaft blieben konnte. Mal dauerte es nur wenige Tage, bis man aus Angst oder vor Schmerzen freiwillig Lügen erzählte in der Hoffnung der Horror habe ein Ende. Viele mussten sogar ihre Familie, Freunde und Arbeitskollegen beschuldigen, die anschließend ebenfalls festgenommen wurden. Das ist schon sehr hart in diesem Museum, das S-21 genannt wird, zu stehen, die alten Foltergeräte, die winzigen Kammern und das viele Blut an den Wänden, Türen etc. zu sehen. Seht selbst auf den Bildern, ich hoffe es kommt ein wenig rüber, wie schrecklich dieser Ort ist.

die damaligen regeln

alle opfer wurden fotografiert und geordnet

man erkennt die angst in den augen

eines der vielen folterbetten

gesichterlose anführer

einer der zellenräume

ein weiterer, diesmal aus holz

die letzten 14 verstorbenen vor dem übergriff der vietnamesen
Nachdem die vielen Insassen des Gefängnissen ihre Taten „gestanden“, wurden sie nachts in einem Truck in Richtung der Killing Fields transportiert. Im ganzen Land gibt es über 300 dieser Killing Fields, überall im Land werden in der Regenzeit die vielen Knochen aus den Massengräbern freigespült. Vielen versprach man ein neues Zuhause, der Großteil klammerte sich den Tod vor Augen wohl an den letzten Strohhalm, den das Leben noch zu bieten hatte. Doch statt eines neuen Zuhauses fanden sie 15km südwestlich von Phnom Penh nur ihren qualvollen Tod. Viele wurden direkt ermordet, andere mussten noch die Schreie der anderen ertragen, die von lauter Propagandamusik übertönt wurde. Doch da Pistolen o.ä. viel zu teuer waren, mussten die einfachsten Waffen eingesetzt werden. Manchen wurde die Kehle mit einem Stück einer Palme aufgeschnitten, andere hatten es mit Hämmern, stumpfen Messern, Steinen usw. zu tun. Am schrecklichsten ist aber, was mit den Kindern und jungen Frauen passierte. Nachdem diese vergewaltigt wurden, wurden sie so lange mit dem Kopf an einen Baum, dem sogenannten Killing Tree, geschlagen, bis sie starben. Noch heute werden bei Untersuchungen Reste von Gehirn am Baum gefunden. Der Besuch der Killing Fields hat etwas sehr Bedrückendes, der Audioguide, den man für 6 USD erhält, kann sehr gut wiedergeben, was vor nicht allzu langer Zeit an Ort und Stelle passiert ist. Überall auf dem Gelände findet man noch Kleiderfetzen auf dem Boden, wenn man genauer hinschaut. Auch einzelne Knochen und ausgeschlagene Zähne sind keine Seltenheit. 1988 wurde eine Gedenkstupa errichtet, in der alle bis dahin gefundenen Skelette der Toten als Mahnmal gelagert und die Seelen der Toten ihre ewige Ruhe finden sollten. Ein Grundsatz der Roten Khmer war folgender: „Lieber einen Unschuldigen umbringen lassen, als einen Schuldigen laufen zu lassen.“ Auch von den Killing Fields ein paar Bilder:

die oben angesprochene gedenkstupa

die vielen schädel in der stupa

kleiderfetzen wie dieser säumen den weg

eines der vielen massengräber

das traurigste highlight: der killing tree
Im Januar1979 wurde die Schreckensherrschaft dank der Hilfe des wiedervereinigten Vietnam zerstört. Doch da sämtliche großen Nationen (USA, Großbritannien, Frankreich, Deutschland etc) gegen diesen Einmarsch protestierten, galten die Roten Khmer noch bis in die 90er als Regierung Kambodschas. Sie erhielten sogar einen permantenten Sitz in der UN. Wie krank ist das denn? Absolut peinlich, dass keine dieser Nationen die Augen geöffnet hat und einzig wegen des Vietnam-Konflikts zugelassen hat, dass sich die Roten Khmer im Untergrund weiterhin formieren konnten. Bis 1995 existierte diese schreckliche Bewegung noch, Pol Pot erhielt beispielsweise erst im Jahre 1997 seine Bestrafung, Hausarrest. Unfassbar, dass solch ein Mensch in seinem eigenen Bett friedlich sterben (1998) und sogar mit seinen Enkeln Zeit verbringen darf. Ein paar weitere hochrangige Mitglieder der Roten Khmer sind auch heute noch am Leben und sitzen mittlerweile in Gefängnissen. Ich hoffe sehr, dass so etwas in Kambodscha – und natürlich auch sonst nirgendwo – niemals mehr passieren wird. Die Kambodschaner sehe ich jetzt jedenfalls mit ganz anderen Augen. Dass sie Fremden gegenüber weiterhin so freundlich und offen gegenüber sind, ist schon unglaublich ob der nahen Vergangenheit. Mögen alle, die aufgrund der Roten Khmer ihre Leben ließen, in Frieden ruhen!

Der zweiten Blogeintrag zu Phnom Penh kommt schon in den nächsten Stunden. Bis gleich, Klakas!

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